Die Turmbläser
Tradition die verpflichtet
Den Beginn der Stadtkapelle bildeten, wie in der Geschichte der Stadtkapelle berichtet, die Turmbläser. Es ist nicht bekannt, ob sie seit ihrer ersten Erwähnung im Jahr 1524 ununterbrochen jede Woche ein- oder mehrmals vom Rathausturm geblasen haben. So wird jeweils der zum Kirchenjahr passende Choral vom Rathausturm angestimmt. Eine altüberlieferte Tradition aus der Gründerzeit wird so weitergeführt. Seit 16. September 1984 liegt die Leitung der Turmbläser bei Heribert Diemer. Unter anderen der älteste Turmbläser, Ehrenmitglied und aktives Mitglied der Stadtkapelle. Der aktuellste Neuzugang, Tobias Frodl, ist immer wieder mit Eifer dabei. Die heutigen Turmbläser setzen sich aus aktiven und ehemaligen Musikern der Stadtkapelle sowie aus Musikern aus der Jugendkapelle zusammen. Nachwuchsprobleme kennt man hier nicht! Seit 05. Januar 1985 kann man jeden Samstag die Turmbläser um 11.30 Uhr von allen vier Seiten des Rathausturmes sehen und vor allem hören. An Heilig Abend und an Silvester musizieren die Turmbläser mit einem Doppelquartett jeweils um 17.00 Uhr. Die vielen Zuhörer, welche sich bei diesen Anlässen vor dem Rathaus versammeln, bekunden auch heute noch reges Interesse für diese alte Tradition. Ein in wenigen Jahren anstehendes 500-jähriges Jubiläum wird sicher gebührend gefeiert werden.
Die Rechnungsbücher der Stadt Kirchheim reichen bis in das Jahr 1524 zurück. Im Rechnungsband Nr.1, Blatt 49 heißt es in einer Bürgermeisterrechnung von 1524 „item dem bleßer syn jarlon von Martini anno im XXIIII und wyder martini anno XXV (sten) jar: XXXX lib (rum heller)“. In den Rechnungsbüchern der Stadt Kirchheim wird seit dem 16. Jahrhundert auf die vielfältigen Aufgaben einer Stadt eingegangen, wie beispielsweise Besoldung für Stadtschreiber, Torhüter, Boten, Wächter und Bläser. Über den Bläser, einen Zinkenist und einen Posaunisten geht die Entwicklung 1674 in Kirchheim unter Teck zur Stadtmusici. 1682 folgt dann die Formulierung „collegio musico“ aus der sich 1832 schließlich die Stadtkapelle Kirchheim entwickelt hat.
Turmbläser hatten allgemein die Aufgabe, vom höchsten Turm die Stadt oder Burg vor Gefahren zu warnen. Zu den zu meldenden Gefahren gehörten herannahende Truppen und Banden, aber auch Brände, die wegen der Enge der Städte und der weit verbreiteten Holzbauweise sehr gefährlich waren.
Das Turmblasen entwickelte sich aus dem mittelalterlichen Abblasen („Stundenblasen“) des Türmers, zunächst in Form von stündlichen Signalen, später dann Choräle. Im deutschsprachigen Raum erreichte die Turmmusik im 15./16. Jahrhundert die Hochblüte und galt als städtisches Gegenstück der höfischen Trompeterzunft.
Das Choralblasen vom Turm ist auch in Kirchheim vermutlich erst mit dem Einzug der Reformation zur Tradition geworden. Dem geblasenen Choral kam eine besondere Bedeutung zu, da es eine Art der Predigt darstellte, die über die Häuser hinweg zu den Menschen getragen wurde. Die Gemeinde hörte den Choral und konnte zuhause oder auf der Straße mitsingen oder mitbeten.
Es ist (noch) nicht bekannt, ob die Kirchheimer Turmbläser seit ihrer ersten Erwähnung im Jahr 1524 ununterbrochen täglich, wöchentlich, ein- oder mehrmalig aufgespielt haben. Darüber geben die Rechnungsbände der Stadt keinen Aufschluss. Auch sind diese Bände nicht seit jenem Jahr fortlaufend überliefert, vielmehr ergeben sich kriegsbedingt erhebliche Überlieferungslücken im 16. und 17. Jahrhundert in den Beständen des Stadtarchivs.
Heutzutage wird von den Kirchheimer Turmbläsern jeweils der zum Kirchenjahr passende Choral, immer samstags um 11:30 Uhr, von allen vier Seiten des Rathausturmes abgeblasen. Die heutigen Turmbläser setzen sich aus aktiven und ehemaligen Musikern der Stadtkapelle sowie aus Musikern der Jugendkapelle Kirchheim zusammen.
Das Turmblasen in Kirchheim unter Teck lässt sich somit urkundlich bis auf das Jahr 1524 zurückverfolgen, was die Stadtkapelle Kirchheim unter Teck e.V., als Träger dieses historischen Erbes, dazu bewegt, das Kalenderjahr 2024 ganz im Zeichen dieser 500-jährigen Tradition zu begehen.