Viel Herzblut und solistischer Glanz
Die Kirchheimer Stadtkapelle trat wieder mit ihrem Weihnachtskonzert in Erscheinung. Das Publikum in der Stadthalle reagierte mit Begeisterung auf ein weltumspannendes Programm.
Nach zweijähriger Pause war das traditionelle Weihnachtskonzert der Kirchheimer Stadtkapelle herbeigesehnt worden. Freude und Erleichterung standen nicht nur den musikalischen Akteuren in die Gesichter geschrieben, auch das Publikum in der gut gefüllten Kirchheimer Stadthalle schien aufzuatmen. Mag sein, dass erst die Pandemie bewusst gemacht hat, dass Live-Musik ein Geschenk ist. Beschenkt wurden die Hörer der Stadtkapelle mit einem international gehaltenen Konzertprogramm, das die Musik als universale und verbindende Sprache feiert.
Den Startschuss der musikalischen Reise gaben die Jüngsten. Mit James Curnows „Infinity“ sorgten die Bläserklassen vier der Teck- und Freihof-Grundschule gemeinsam mit dem Vorstufenorchester für einen festlichen Auftakt. Es folgten ein Abstecher in die südafrikanische Folklore und ein stimmungsvolles Medley deutscher Weihnachtslieder, bei dem sich Andrea Speiser und Stadtmusikdirektor Marc Lange das Dirigentenpult teilten, bevor Vorstufenorchester und Jugendkapelle mit Michael Storys „Polar Express“ eine schwindelerregende Fahrt zum Nordpol antraten.
In Eva Fofors „Israeli Folksong Suite“ bestach die Jugendkapelle mit orientalischem Kolorit und punktgenauer Rhythmik, die besonders der von Fofor effektvoll eingesetzten „Body Percussion“ zugutekam. Mit Lennart Mühlherr präsentierte die Stadtkapelle einen Nachwuchssolisten aus den eigenen Reihen. Der junge Trompeter hatte nichts weniger als ein Bravourstück mitgebracht: Jean-Baptiste Arbans „Karneval von Venedig“. Den virtuosen Anspruch dieser heiklen Variationenfolge meisterte Lennart Mühlherr souverän. Auf seine kommenden solistischen Glanzstücke darf man zu Recht gespannt sein.
Eine ungewöhnliche Idee lag Chuck Elledges „From these ashes“ zugrunde. Ein Waldidyll fällt einem Brand zum Opfer und aus der Asche entspringt neues Leben. Elledge zeichnet in seiner Komposition eindrücklich den Kreislauf der Natur nach, der durch die Jugendkapelle unter der Stabführung von Marc Lange als plastische Klangschilderung von Werden und Vergehen in Szene gesetzt wurde.
Vielfalt und Schönheit
Aber nicht nur kulturelle Räume, auch Epochen und Stile verschränkten sich auf dieser abwechslungsreichen Konzertreise. In seiner „First Suite in Es“ huldigt Gustav Holst seinem barocken Landsmann Henry Purcell und schreibt in neoklassizistischer Manier dem Blasorchester eine mustergültige Chaconne auf den sinfonischen Leib. Auf der Melodie der Hymne „Be thou my Vision“ basiert David Gillinghams gleichnamiges Werk. Eine dankbare Gelegenheit für die Stadtkapelle, Vielfalt und Schönheit ihrer Register auszuloten und ihren Hörern eine von Klangfarben beseelte musikalische Welt zu entfalten. Und natürlich durfte auch Johan de Meij nicht fehlen. Ein Komponist, dessen Verdienst für das Repertoire sinfonischer Blasmusik kaum zu überschätzen ist. In „Klezmer Classics“ hat de Meij fünf Klassiker der Klezmermusik bearbeitet und zu einem klingenden Panoptikum ostjüdischer Tradition vereint. Zahlreiche Solostimmen kamen hier bravourös zur Geltung. Marc Lange und seine Mitstreiter wählten jedoch keinen distinguierten kammermusikalischen Ansatz, sondern erinnerten in ihrem bewusst rustikalen Zugriff daran, dass Klezmer so viel wie „Musikant“ bedeutet und mehr mit dem Herzblut als mit dem Kopf gespielt wird.
Dank der mitreißenden Interpretation der Kirchheimer Stadtkapelle fand die menschen- und völkerverbindende Kraft der Musik prägnanten Ausdruck. Nicht nur zu Weihnachten eine wichtige Botschaft, die vom Publikum in der Stadthalle mit überschwänglichem Applaus erwidert wurde.