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Ein Bericht im Teckbote vom 05.05.2024 von Florian Stegmaier | Foto: Florian Stegmaier

Smoke on the Water in der Kirchheimer Bastion und Mozart am Schloss

Im Rahmen des 500-jährigen Bestehens der Turmbläser gibt es Einblicke in die lokale Musikgeschichte. 

Musikalische StadtführungEin Ensemble der Kirchheimer Stadtkapelle begleitete die Führung und spielte an verschiedenen Stationen wie hier vor dem Schloss

Ein halbes Jahrtausend Kirchheimer Turmbläsertradition – dem imposanten Jubiläum entspricht ein neues stadtgeschichtliches Format: Musikalische Stadtführungen bringen Kirchheims Geschichte als Musikstadt näher. Ein Ensemble der Stadtkapelle verleiht dabei den Stationen jeweils ein eigenes musikalisches Kolorit.

In der Bastion traten Größen wie Reinhard Mey auf

Am Max-Eyth-Haus wies Stadtführer Bernd Budde am Samstag auf die historisch enge Verzahnung von weltlichem und religiösem Bereich hin. Denn die Nähe der ehemaligen Lateinschule zur Martinskirche hatte System. Kirchengesang war ein wesentlicher Bestandteil schulischer Bildung. Bei kirchlichen Kontrollbesuchen wurden die gesanglichen Fähigkeiten der Schüler beurteilt. Die Martinskirche bot Budde Gelegenheit, auf den musikalischen Innovationsschub der Reformation zurückzublicken: Da der Gottesdienst Sache der gesamten Gemeinde sei, hatte der Gemeindegesang für Luther großes Gewicht. Zahlreiche neue Kirchenlieder entstanden. Konrad Widerholt, der berühmteste Obervogt Kirchheims, bewohnte den Vorgängerbau des Vogthauses in den 1650er- und 1660er-Jahren. Aus seinem Vermögen ging die Widerholt-Stiftung hervor. Bis 1928 diente sie zur Förderung der Kirchenmusik und der Unterstützung bedürftiger Schüler. Als einer der höchsten Auszeichnungen der Teckstadt wurde die Widerholt-Medaille bislang erst sechsmal verliehen. Unter den Geehrten ist Werner Gneist, Komponist und Pädagoge, dessen Geburtstagskanon „Viel Glück und viel Segen“ weithin bekannt ist. Auch dem Club Bastion wurde 2008 die Widerholt-Medaille verliehen. Angesichts der kontroversen Gründungsphase anno 68 keine Selbstverständlichkeit. Längst hat sich der Club Bastion zur tragenden Säule der Kirchheimer Kultur entwickelt. Größen wie Reinhard Mey oder Hanns Dieter Hüsch traten dort auf. Und auch Jazzliebhabern ist das musikalische Gewölbe international ein Begriff.

Ein Abstecher in die Wellingstraße erinnerte an Franz Anton Kaim, der dort 1823 mit dem Aufbau seiner Klavierfabrik begann. Die Marke „Kaim“ genoss weltweite Anerkennung.

Zu den bekanntesten Bewohnerinnen des Kirchheimer Schlosses zählt Franziska von Hohenheim, die zweite Ehefrau Herzog Carl Eugens. In den Herrschaftsgärten errichtete der theaterbegeisterte Herzog 1767 einen Opernbau. Die Aufführungen unter Hofkapellmeister Niccolò Jommelli waren dem Hofstaat vorbehalten. Bereits 1796 wurde das baufällig gewordene Opernhaus abgerissen.

Turmbläser warnten vor Feuer

Der Choral der Turmbläser bildete den Abschluss der Führung. Die seit 1524 urkundlich belegten „Stadtzinkenisten“ dienten als Wachdienst und warnten vor Feuer oder feindlichen Angriffen. Später übernahmen sie die musikalische Repräsentation der Stadt. Aus dem Bläserensemble ging die Kirchheimer Stadtkapelle hervor, deren Tätigkeit seit den 1830er-Jahren belegt ist.

Ob „Smoke on the Water“ in der Bastion oder Mozart vor dem Schloss – die Stadtkapelle begeisterte die Teilnehmer der Führung. Unter der Stabführung von Harry D. Bath, der als Stadtmusikdirektor fast 40 Jahre die Geschicke der Stadtkapelle geleitet hatte, erwiesen sich die Bläser als wandlungsfähige und stilsichere Begleiter durch Kirchheims musikalische Vergangenheit.